Hallo liebe Familie Burghardt, wir sind Namrata und Neha aus Nepal
Hintergrundinformationen über Namrata und Neha
Namrata und Nehas Familie gehört der Volksgruppe der Chhetri an. Chhetri ist ein Familienname der Kshatriya-Gemeinschaft unter Hindus auf der ganzen Welt. Damit gehören sie zu den Khas. Khas, auch Khas Arya genannt, sind eine indo-arische, ethnolinguistische Gruppe, die auf dem indischen Subkontinent, dem heutigen Nepal, sowie in den nordindischen Regionen Kumaon, Garhwal und Himachal beheimatet ist. Die Khas sprechen die Khas-Sprache. Die große Mehrheit der Chhetris sind Hindus und stammen aus den Volksgruppen der Kshtriya- und der Magar. Chhetri der Oberbegriff der fünf Kasten, die König Prithvi Narayan Shah mit dem erblichen Titel Kaji ausgezeichnet hat. Vor Drabya Bikram Shah waren Chhetris Könige von Kalikot und Gorkha, davor waren sie große Krieger, die in der Nähe von Sukantamaliyena in der Nähe von Sindhwali kämpften. Ihr Hauptziel war es, das Tal des Königreichs vor Eindringlingen zu beschützen. Den verschiedenen Aufzeichnungen nach gibt es 47 Untergruppen von Chhetri mit 12 verschiedenen Gotra. In der hinduistischen Gesellschaft bedeutet der Begriff Gotra (Sanskrit: गोत्गोत) soviel wie Stamm. Einige Chhetris gibt es auch in Darjeeling, Sikkim und in Bhutan.
Namrata und lebt mit ihren Großeltern in der Übergangszone zwischen Himalaya im Norden und der tropischen Tiefebene Terai im Süden. Die Familie war schon immer sehr arm, wodurch sie unmittelbar Betroffene des Kreislaufs aus Armut und Bildungslosigkeit sind. Ihre Eltern haben sich vor etwa vier Jahren scheiden lassen, nachdem ihr Vater zunehmend gewalttätig gegenüber ihrer Mutter und den Kindern wurde. Auch Alkohol soll dabei eine Rolle gespielt haben. Nach der Trennung haben beide Elternteile die Kinder bei den Großeltern zurückgelassen, wo sie seitdem leben. Zu ihrer Mutter besteht seitdem keinerlei Kontakt mehr. Die Großeltern wissen nicht, wo sie sich aufhält und ob sie noch lebt. Ihr Vater kommt alle zwei bis drei Monate mal vorbei, meist betrunken und verschwindet dann wieder. Er hat keinen festen Wohnsitz, arbeitet als Tagelöhner auf Baustellen und gibt das wenige Geld, das er verdient für Alkohol aus. Namratas Onkel wohnt mit seiner Familie ebenfalls in der Region, wo er ein kleines Geschäft für Dinge des täglichen Bedarfs betreibt. Gelegentlich gibt er Namratas Großeltern ein paar Lebensmittel, damit sie etwas zu Essen haben. Aber er und seine Familie sind selbst zu arm, um wirklich helfen zu können. Die Corona-Pandemie und insbesondere der etwa sieben Monate anhaltende Lockdown, haben die Möglichkeiten weiter reduziert, vermutlich längerfristig, da das gesamte Land dadurch in seiner wirtschaftlichen, gesundheitspolitischen und sozialen Entwicklung Schätzungen der Regierung zufolge, um etwa zehn Jahre zurückgeworfen wurde. Mit besonders harten Konsequenzen für die ärmsten und marginalisierten Volksgruppen in der Gesellschaft. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass auch Kinderheirat oder gar Kinderhandel, ähnlich wie nach den verheerenden Erdbeben 2015 wieder zunehmen werden. In Anbetracht von Namratas und Nehas Alter ein wichtiger Aspekt für uns im Rahmen des Kinderschutzes.
Die Großeltern haben keine Einkommensquelle, auch kein eigenes Feld, auf dem sie etwas anbauen könnten. Ihr Großvater Hukum ist für nepalesische Verhältnisse schon sehr alt und kann kaum noch sehen. Untersucht wurden seine Augen bislang allerdings noch nicht, da sich die Familie dies nicht leisten kann. Ihre Großmutter Bal Kumari ist etwas jünger und kümmert sich gemeinsam mit den Mädchen um den Haushalt und die Arbeiten, die anfallen. Es fällt den Großeltern sehr schwer die beiden Mädchen zu versorgen und vor allem ihnen die Schule zu ermöglichen. Schulmaterialien, Kleidung und auch die Schulgebühren können sie nicht bezahlen. Dies wird ab dem nächsten Schuljahr ein noch größeres Problem, denn je älter die Kinder werden, umso höher werden natürlich die Kosten im Zusammenhang mit der Schule. Auch wenn die Regierung die Vorgabe macht, dass staatliche Schulen kostenlos sein sollen, müssen viele Schulen zusätzliche Unterrichtsfächer anzubieten, um ein annähernd vergleichbares Bildungslevel, wie die privaten Schulen zu erlangen. Hinzu kommt, dass einige Fächer obligat sind für einen Schulabschluss, der äquivalent zur Mittleren Reife bzw. dem Abitur ist. Da allerdings das staatliche Budget der Schulen dafür nicht ausreicht, müssen die Schulen die Kosten über Gebühren für diese Fächer decken. Das führt zu einer zweiten Ebene der Diskriminierung innerhalb des staatlichen Bildungssystems, neben der zwischen privaten und staatlichen Schulen. Kinder wie Namrata und ihre Schwester Neha haben unter diesen Bedingungen keine Chance auf einen Schulabschluss und der Druck durch die Armut und den Hunger ist groß, weshalb die Zahl der arbeitenden Kinder in Nepal, trotz des offiziellen Verbots, so hoch ist. Kinder und Jugendliche sind natürlich ungelernte Arbeitskräfte und arbeiten deshalb meist auf den Feldern, auf Baustellen, als Tellerwäscher oder als Fahrgeldeinsammler in einem Bus/Mini-Bus. Mädchen verlassen eben vor allem aus finanziellen Gründen früh ihre Familie, um zu heiraten und sie so zu entlasten. Für Jungs aus Nepal, die keinen Schulabschluss und keine weiterführende Bildung haben, ist heutzutage oft die einzige Zukunftsperspektive für sich und ihre Familie, einen Job im Ausland zu finden. Es haben sich viele sogenannte Manpower Companies entwickelt, die junge Nepalesen als kostengünstige Arbeitskräfte in die arabischen Länder wie VAE, Katar, den Oman oder Saudi-Arabien vermitteln, aber auch nach Indien oder Malaysia, wo es neben menschenverachtender Ausbeutung immer wieder auch zu gewalttätigen Übergriffen gegen sie kommt. Die Nepalesen sind ein hart arbeitendes und fleißiges Volk, Zehn- oder fünfzehnstundentage sind völlig normal. Das Problem ist vielmehr, dass die Gehälter für nicht ausgebildete Menschen viel zu niedrig sind, um davon eine Familie ernähren zu können. Es geht für uns bei unserer Arbeit neben der Ausbildung der Kinder entsprechend ihrer individuellen Talente und Fähigkeiten auch darum, zukunftsfähige Qualifikationen zu ermöglichen, damit sie die Möglichkeit erhalten, diese in ihrem Land zur Geltung zu bringen und nicht in einem der oben genannten Länder. Hierzu müssen individuelle und strukturelle Voraussetzungen gleichermaßen gegeben sein.
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