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 Hallo lieber Herr Schmidt, ich bin Sabin aus Nepal

 

Hintergrundinformationen über Sabin

Sabins Familie gehört der Volksgruppe der Tamang an, was auf tibetanisch so viel bedeutet wie Pferdehändler. Vor ca. 1000 Jahren siedelten sich die Tamang im Norden Nepals an. Sie leben vor allem südlich des Ganesh Himal, im Helambu und auf den Hügelkämmen südlich von Kathmandu. Sie sind eine der größten tibeto-mongolischen Ethnien des Landes. Auf Grundlage der letzten Volkszählung wird die Zahl der Tamang auf über 1.5 Mio geschätzt, was etwa fünf Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Der soziale Status innerhalb der nepalesischen Gesellschaft ist niedrig. Die Tamang sind Lamaisten (buddhistische Gelehrte) mit vielen eigenen Klöstern, zudem spielt der Schamanenkult bei ihnen eine große Rolle. Sie gehören der tibetanischen Form des Buddhismus und des Lamaismus an, gemischt mit Elementen aus dem vorbuddhistischen Bön. Aufgrund ihrer Nähe zu den Newar kann auch ein leichter hinduistischer Einfluss in ihren Ritualen erkannt werden. Sie leben meist in größeren Dorfgemeinschaften in Höhenlagen von 1500 Metern und höher. Ihre Sprache heißt Rangitam und ist mit dem Tibetischen verwandt. In den einzelnen Regionen ihres Siedlungsgebietes sind auch starke Dialekte zu hören, die derart voneinander abweichen, dass sich manche Tamang untereinander in Nepali verständigen müssen. Ihre Haupteinkommensquelle liegt heute im landwirtschaftlichen Bereich. Als Bergbauern pflanzen sie vor allem Reis, Mais, Hirse, Gerste und Weizen an. Auf den Trekkingtouren werden sehr oft Tamang als Träger beschäftigt, da sie einen ausgezeichneten Ruf als starke und zuverlässige Begleiter haben. Auch viele Köche und Sirdar (Bergführer) stammen heute aus dieser Volksgruppe. Insgesamt gehören die Tamang zu ärmeren Bevölkerungsgruppen.

Sabin lebt mit seinen Schwestern Saruna und Karuna, seiner Mutter Nani Maya und seiner Großmutter Kanchi in einem kleinen Häuschen in den Bergen am nordöstlichen Ende des Distrikts Kavrepalanchok, am Fuße des Himalayas und etwa 100 Kilometer Luftlinie südwestlich des Mount Everest. Die Familie war schon immer sehr arm, da sie keine konstante Einkommensquelle haben und wodurch sie Betroffene der Armutsfalle sind, also des Kreislaufs aus Armut, Bildungslosigkeit und Krankheit. Sie besitzen nur einige wenige Tiere (vier Ziegen und zwei Hühner). Die Jungtiere ziehen sie groß und verkaufen sie dann. Nach Abzug aller Kosten für die Aufzucht bleibt allerdings kein allzu großer Gewinn für sie übrig und es reicht bei Weitem nicht aus, um alle Familienmitglieder zu ernähren. Ihre Großeltern kommen selbst aus sehr armen Familien, sodass auch auf dieser Seite keine Ressourcen vorhanden sind. 2021 verstarb ihr Vater nicht weit entfernt vom Haus der Familie, als er einen steilen Abhang hinunterfiel. Er litt schon seit längerer Zeit an Epilepsie und es kam immer wieder zu Krampfanfällen. Obwohl ihr Vater verschiedene Jobs in der Umgebung annahm, beispielsweise als Feldarbeiter oder auf Baustellen, konnten sie sich die Behandlung einschließlich der Medikamente kaum leisten, insbesondere wenn gleichzeitig andere Ausgaben notwendig waren, beispielsweise für die Schule oder für Nahrungsmittel. Nun muss Sabins Mutter allein ihre drei Kinder großziehen. Unterstützt wird sie nur durch die Großmutter väterlicherseits, die aber bereits 68 Jahre alt ist, was gemessen an der nepalesischen Lebenserwartung schon ein recht hohes Alter ist. Sie ist körperlich nicht mehr so sehr belastbar und kann deshalb nur wenig zum Unterhalt der Familie beitragen. Da die Familie kein eigenes Feld besitzt, auf dem sie Nahrungsmittel anbauen könnten, bleiben ihnen praktisch nur die Tiere, die aufziehen und verkaufen können. Auch Sabin und seine Schwestern arbeiten vor und nach der Schule entweder auf Feldern in der Umgebung als Feldarbeiter oder sie versorgen die Tiere und treiben sie zu Futterstellen in der Region. Hierdurch können sie ein kleines Einkommen erwirtschaften, um Kosten zu decken, beispielsweise für Nahrungsmittel oder einen Teil der Schulkosten. Die Kinder helfen auch, indem sie Feuerholz sammeln, was sie dann zum Kochen verwenden oder sogar für ein paar Rupees verkaufen. In den Saat- und Erntemonaten ist es etwas mehr, da dann alle gemeinsam auf den Feldern anderer Menschen arbeiten, wo jede Hand gebraucht wird. Auch, wenn sie eine kräftige Ziege zu einem guten Preis verkaufen konnten, haben sie etwas mehr Einkommen. Dies fehlt dann aber natürlich in anderen Monaten wieder. Insgesamt verdienen sie alle zusammen auf diese Weise im Jahresdurchschnitt etwa 2.500 bis 3.000 Rupees, was etwa 20 bis 23 Euro entspricht. Die Kinder helfen, wo sie können. Einerseits, weil sie wissen, dass es letztendlich auch um ihre Zukunft geht. Zum anderen aber auch einfach, weil sie nicht selten hungrig sind, denn es gibt nicht jeden Tag ausreichend zu Essen für alle Familienmitglieder. So verwundert es nicht, dass sie oft lieber arbeiten gehen für die Familie, anstatt in die Schule. 

Während Sabin eher die körperlich schwereren oder gefährlicheren Aufgaben übernehmen möchte, begleiten Saruna und Karuna häufiger ihre Großmutter und helfen bei der Feldarbeit oder, indem sie Gras für Tierfutter ernten. Manchmal, wenn sie großen Hunger haben und es nicht genug zu essen gibt, dann laufen die Kinder zu anderer Menschen Häuser und halten sich dort auf, um etwas zu essen zu bekommen. Häufig gehen sie wie bereits erwähnt aus diesen Gründen auch nicht in die Schule. Der Hunger ist stärker und das Gefühl nicht so lernen zu können, wie andere Kinder, weil sie keine Hefte und Stifte hat, ist natürlich auch etwas, wofür sie sich schämt. Während der Corona-Pandemie herrschte in Nepal zwischen März 2020 und August 2021 ein fast durchgängiger Lockdown, der in Bergdörfern zwar schwer durchzusetzen und zu kontrollieren ist. Aber die Menschen haben sehr viel Angst vor der Erkrankung, weil sie das Gesundheitssystem innerhalb weniger Tage zum Zusammenbruch gebracht hat und sehr viele allein durch Mangel an Sauerstoffflaschen und Medikamente verstorben sind. Ein Problem der Bergdörfer ist, dass viele Söhne, Väter, Töchter oder Mütter in den Städten oder im Ausland arbeiten, in Zeiten des Lockdowns keinen Job mehr haben und zurück zu ihren Familien wollen und müssen (sie haben kein Geld mehr, können keine Miete mehr bezahlen und haben nichts zu essen). Dadurch werden Infektionen bis in die entlegenen Regionen gebracht, wo eine Erkennung und Behandlung fast unmöglich sind. Auch der Schulunterricht ist davon betroffen. In manchen Regionen, die besonders stark involviert sind, gab es zwischen März 2020 und August 2021 keinen Schulunterricht. Sabin ist zwar noch in der Unterstufe und braucht deshalb noch nicht so viele Dinge für die Schule. Wenn es aber in den Wintermonaten in den Himalaya-Regionen kalt ist und er keine warme Kleidung hat, friert er in der Schule, da Schulen in Nepal keine Heizung haben. Er ist dann häufiger krank, was ein zusätzliches finanzielles Problem darstellt. Die Corona-Pandemie haben die Möglichkeiten weiter reduziert, vermutlich längerfristig, da das gesamte Land dadurch in seiner wirtschaftlichen, gesundheitspolitischen und sozialen Entwicklung Schätzungen der Regierung zufolge, um mindestens zehn Jahre zurückgeworfen wurde. Mit besonders harten Konsequenzen für die ärmsten und marginalisierten Volksgruppen in der Gesellschaft. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass auch Kinderheirat oder gar Kinderhandel, ähnlich wie nach den verheerenden Erdbeben 2015 wieder zunehmen werden. 

Für Sabins regelmäßigen Schulbesuch fehlt schon jetzt häufig das Geld. Eine Schulgebühr ist im Augenblick nur zu Beginn des Schuljahres erforderlich. Je älter die Kinder werden, umso höher werden aber natürlich die Kosten im Zusammenhang mit der Schule, da zusätzliche Fächer hinzukommen und sie mehr Bücher, Hefte und andere Schulmaterialien brauchen. Auch wenn die Regierung die Vorgabe macht, dass staatliche Schulen kostenlos sein sollen, versuchen viele Schulen zusätzliche Unterrichtsfächer anzubieten, um ein annähernd vergleichbares Bildungslevel, wie die privaten Schulen zu erlangen. Da allerdings das staatliche Budget der Schulen dafür nicht ausreicht, müssen die Schulen diese Kosten über Gebühren für diese Fächer decken. Das führt zu einer zweiten Ebene der Diskriminierung innerhalb des staatlichen Bildungssystems, neben der zwischen privaten und staatlichen Schulen. Kinder wie Sabin und seine Schwestern haben unter diesen Bedingungen im Prinzip kaum eine Chance auf einen Schulabschluss und der Druck durch die Armut und den Hunger ist groß, weshalb die Zahl der arbeitenden Kinder in Nepal, trotz des offiziellen Verbots, so hoch ist. Kinder und Jugendliche sind natürlich ungelernte Arbeitskräfte und arbeiten deshalb meist auf den Feldern, auf Baustellen, als Geldeinsammler in Bussen oder als Tellerwäscher. Mädchen, die keinen Schulabschluss und keine weiterführende Bildung haben, ist heutzutage oft die einzige Perspektive früh zu heiraten, um auf diese Weise die Familie zu entlasten und die eigene Zukunft zu sichern. Ein selbstbestimmtes Leben ist auf diese Weise für die wenigsten Mädchen und Frauen möglich. Noch immer werden Mädchen unter falschen Versprechungen von zuhause weggelockt und beispielsweise als Arbeitskräfte verkauft, meist nach Indien, da dies aufgrund der langen gemeinsamen Grenze und der sehr moderaten Visabestimmungen für die Vermittler weniger gefährlich ist. Die Nepalesen sind ein hart arbeitendes und fleißiges Volk, Zehn- oder fünfzehnstundentage sind völlig normal. Das Problem ist vielmehr, dass die Gehälter für nicht ausgebildete Menschen viel zu niedrig sind, um davon eine Familie ernähren zu können. Für Mädchen ist es leider noch Realität, dass viele weit vor ihrem achtzehnten Lebensjahr verheiratet werden, wobei auch die Jungs dann in der Regel zwar etwas älter, aber oft ebenfalls noch minderjährig sind. Hierbei ist sehr häufig der wirtschaftliche Druck der entscheidende Antrieb dahinter und weniger eine religiöse oder kulturelle Motivation. Es geht für uns bei unserer Arbeit neben der Ausbildung der Kinder entsprechend ihren individuellen Talenten und Fähigkeiten auch darum, zukunftsfähige Qualifikationen zu ermöglichen, damit sie die Möglichkeit erhalten, diese in ihrem Land zur Geltung zu bringen und nicht in einem der oben genannten Länder. Hierzu müssen individuelle und strukturelle Voraussetzungen gleichermaßen gegeben sein oder geschaffen werden.

Lieber Herr Schmidt, Ihre Patenschaft wird das Leben von Sabin von nun an spürbar verändern. Er wird zukünftig regelmäßig die Schule besuchen können und ausreichend zu essen haben. Darüber hinaus erhält er eine Krankenversicherung, die Untersuchungen und Behandlungen (inkl. Medikamente) abdeckt, sowie eine intensive und vor allem eine individuelle Betreuung innerhalb seines eigenen familiären Umfeldes. Die Betreuung der Kinder und Familien hat eine sehr große Bedeutung. Es genügt unserer Auffassung nach nicht alleine die materiellen Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung oder für den Schulbesuch zu schaffen. Wenn mit Hilfe einer Patenschaft die Entwicklung wirksam und wirklich nachhaltig gefördert werden soll, sollte die Patenschaft in ein gesamtheitliches Konzept eingebettet sein. Unser Kinderschutz- und Entwicklungsnetzwerk, in dem das Kind im Zentrum steht, bezieht das direkte und erweiterte Umfeld in den Entwicklungsprozess mit ein. Dabei geht es um den Schutz der Kinder vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung einerseits. Ebenso um die Schaffung sozialer und ökonomischer Entwicklungschancen für das Kind und dessen direktes Umfeld. Dadurch werden auch Abhängigkeiten wie durch eine Patenschaft auf ein Minimum reduziert. Darin einbezogen sein sollte aber auch das erweiterte Umfeld, also die Community, in der das Kind lebt, beispielsweise die Dorfgemeinschaft.

Hinsichtlich des Kinderschutzes geht es vor allem um Aufklärung, Prävention und Aufsicht, den Schutz vor körperlicher und emotionaler Misshandlung, um eine gewaltlose Erziehung zuhause und in den Schulen, den Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung ohne Diskriminierung aufgrund von Armut oder der ethnischen Zugehörigkeit, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Schulung und Fortbildung aller unserer Mitarbeiter vor Ort in Nepal aber auch in Deutschland ist eine grundlegende Voraussetzung. Ebenso die Aufklärung der Menschen im Umfeld der Kinder. In erster Linie der Eltern, aber auch der Lehrer, Dorfbewohner und Regierungsvertreter. Notwendig sind auch festgelegte Strategien zur Überwachung, Mitteilung, Evaluation und Intervention, in Anpassung an den kulturellen Rahmen und die individuellen Gegebenheiten vor Ort.

Dieses multimodale Konzept ist nicht nur von grundlegender Bedeutung für alle Aspekte der Entwicklung der Kinder. Es schafft darüber hinaus die notwendigen Rahmenbedingungen, damit eine Patenschaft zum Erfolg werden kann. Zudem ist es Teil unserer Gesamtstrategie der Entwicklungsförderung. In Kavrepalanchok, wo Sabin zuhause ist, leben sehr viele Menschen in großer Armut. Die Möglichkeiten der ökologischen Landwirtschaft beispielsweise eignen sich hier besonders gut, um die Wirtschaftskraft und die Unabhängigkeit der Menschen von Entwicklungsförderung zu stärken. Wir möchten auch Ihnen als Pateneltern in dieser Region zukünftig stärker die Möglichkeit geben sich hierbei aktiv zu beteiligen, wenn Sie dies möchten.

Koordiniert und kontrolliert wird dies einerseits natürlich durch Sabins Betreuerin vor Ort, Preeti Lama im täglichen Kontakt mit den Kindern. Darin einbezogen ist ebenfalls die für den Distrikt Kravrepalanchok zuständiger Mitarbeiter in unserem Büro in Nepal, Kanchharam Tamang. Insbesondere auch das Team unseres Kinderschutz- und Entwicklungsnetzwerks, bestehend aus Mitarbeitern in Deutschland und Nepal, sowie eine Task Force (Case Management), die die Aufgabe hat sich beispielsweise gesundheitlicher, emotionaler oder schulischer Probleme anzunehmen. Im Rahmen der Entwicklungsprojekte auf familiärer oder regionaler Ebene ist unser Projekt-Management Team ebenfalls involviert. Durch diese intensive, individuelle Betreuung und Förderung bewirkt die Patenschaft weit mehr als ausschließlich die dringend notwendige materielle Unterstützung.

 

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