Namaste liebe Frau Müller, ich bin Ashish aus Nepal
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Hintergrundinformationen über Ashish
Ashishs Familie gehört der Volksgruppe der Adhikari an. Das Wort Adhikari stammt von dem Sanskrit-Wort Adhikari (अ धि का) und bedeutet übersetzt in etwa “Recht auf Herrschaft” oder “Einer, der das Recht hat”. Es ist ein Familienname, der vor allem in Indien aber auch in Nepal vorkommt. In Indien ist der Name Adhikari besonders in den Bundesstaaten Andhra Pradesh, Tamil Nadu, Kerala, Telangana und Karnataka verbreitet. In Nepal findet man den Nachnamen insbesondere in den Provinzen Bagmati und Gandaki. Innerhalb des hinduistischen Kastensystems unterscheidet man in Nepal die Zuordnung zu zwei verschiedenen Gruppen, den Bahun bzw. Brahmin Adhikari oder den Kshatriya bzw. Chhetri Adhikari. Traditionell waren Angehörige der Volksgruppe der Brahmin Adhikari Dorfvorsteher und Bauern in Friedenszeiten, wo sie beispielsweise Landstreitigkeiten regelten oder die Finanzen dort verwalteten. Als Chhetri Adhikari waren sie auch spezialisiert in der Kriegsführung und daher häufig militärische Anführer in Kämpfen. Viele Brahmanen wanderten während der islamischen Invasion aus Indien, beispielsweise aus Rajasthan nach Nepal aus. Später gaben ihnen die regionalen Könige und insbesondere der König von Gorkha das Recht, einige Dörfer zu regieren und ernannten sie als lokale Offiziere, wodurch sie sich insbesondere im Westen Nepals ausbreiteten. Später begannen sie, Adhikari anstelle ihres Nachnamens zu benutzen, da er übersetzt “einer, der das Recht hat”. Kshatriya (Chhetri) Adhikari sind die Nachkommen jener Kshatriya, die innerhalb der Adhikhari wie auch die Brahmin Adhikari herrschten, aber als Kshatriya eher militärisch tätig waren als in der Verwaltung.
Ashish lebt mit seinen Eltern und seinen drei Geschwistern im Norden Nepals, unweit der Grenze zu Tibet. Bei ihnen lebt außerdem seine Großmutter Gauri Maya. Die Familie war schon immer sehr arm. Sie haben keine konstante Einkommensquelle und kein eigenes Land, auf dem sie etwas anbauen könnten, entweder im Rahmen der Subsistenzwirtschaft oder zum anschließenden Verkauf. Dies führt dazu, dass selbst das eigene Überleben durch Zugang zu Nahrungsmitteln für die Familie nicht gesichert ist. Beide Eltern haben gesundheitliche Probleme, was in Nepal für Menschen mit einem sehr kleinen Einkommen ein großes oder sogar existenzielles Problem darstellt. Seine Mutter Sita Kumari leidet seit einigen Jahren an einer schweren psychischen Erkrankung, die sie stark beeinträchtig und die sie mit Medikamenten zu kontrollieren versucht. Es ist aber vor allem auch ein finanzielles Problem, da die Familie die Kosten vollständig selbst tragen muss und dies nicht, vor allem nicht regelmäßig möglich ist. Sein Vater Ramji arbeitet als Hilfsarbeiter meist auf Baustellen in der Region. Er trägt beispielsweise schwere Lasten von einer Stelle zur anderen oder er zerhackt Steine am Flussufer, belädt einen Traktor damit und bringt sie dann bergauf oder dorthin, wo sie gebraucht werden. Die Tätigkeiten sind sehr unterschiedlich, da er jeden Job annimmt, den er erhalten kann. Sie sind aber immer körperlich sehr anstrengend und als ungelernte Arbeitskraft ist er sehr schlecht bezahlt. Wenn es für ihn keine oder zu wenig Arbeit gibt, arbeitet er wie Ashishs Mutter als Feldarbeiter in der Region. Sie helfen anderen Menschen beim Ackerbau in den Saat- oder Erntezeiten, beispielsweise beim Reisanbau. Oder sie versorgen anderer Menschen Tiere und erhalten ein wenig Geld oder Nahrungsmittel dafür. Zusammen verdienen sie auf diese Weise in guten Monaten etwa 6.000 bis 8.000 Rupien (ca. 50 Euro). Die Corona-Pandemie und der mehr als acht Monate andauernde Lockdown 2020 haben deutliche Spuren hinterlassen. Nun zeichnet sich erneut ein ähnlicher oder gar schlimmerer Verlauf ab, denn mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Nepal lebt als Tagelöhner von dem, was sie tagsüber verdienen. Sie haben in den wenigsten Fällen finanzielle Ressourcen und ein soziales Netz existiert nicht. Es geht für viele tatsächlich um ihre Existenz und ihr Überleben. Für ungelernte Arbeitskräfte gibt es praktisch keine Jobs außer der körperlichen Arbeit. Dies ist generell vor allem ein großes Problem der meisten Angehörigen der “untersten Kasten” innerhalb des (eigentlich per Verfassung verbotenen) Kastensystems. Die Gesundheitsversorgung ist in Nepal nicht kostenfrei und ein geregeltes Versicherungssystem gibt es nicht. Wer eine Diagnostik oder Behandlung benötigt muss dafür in den allermeisten Fällen selbst bezahlen. Hinzu kommt, dass die Gesundheitsversorgung nicht flächendeckend vorhanden ist. In den ländlichen Regionen wird sie nur über kleine sogenannte Health Posts aufrechterhalten. Diese Gesundheitsposten sind in mitunter großen Abständen über die Regionen verteilt und sollen eine medizinische Basisversorgung sicherstellen. In vielen Fällen entspricht das aber nicht der Realität, denn sie sind in der Regel stark unterfinanziert (das durchschnittliche Budget liegt bei ca. 1.000 Euro pro Jahr) und schlecht bis gar nicht ausgestattet. Dies ist einer der Gründe, weshalb beispielsweise die Kinder- und Müttersterblichkeit in diesen Regionen noch immer eine der höchsten der Welt ist. Eine geregelte Versorgung für psychische Erkrankungen existiert außerhalb von Kathmandu im Prinzip gar nicht.
Für Ashishs Schulbesuch fehlt schon jetzt in der Grundschule häufig das Geld. Dinge wie Schulmaterialien oder die Schulgebühr können sein Vater und seine Mutter sich nur gelegentlich leisten, insbesondere da er ja noch Geschwister hat, die ebenfalls in die Schule gehen und das wenige Geld für drei Kinder ausreichen muss. Dasselbe gilt daher für seine beiden Geschwister, die noch in die Schule gehen. Ashishs Schwester Krishna besucht ab dem kommenden Schuljahr die 8. Klasse. Sie wird sehr wahrscheinlich spätestens danach, wie ihr älterer Bruder Shiva zuvor bereits, die Schule verlassen müssen. Denn je älter die Kinder werden, umso höher werden natürlich die Kosten im Zusammenhang mit der Schule. Auch wenn die Regierung die Vorgabe macht, dass staatliche Schulen kostenlos sein sollen, müssen viele Schulen zusätzliche Unterrichtsfächer anzubieten, um ein annähernd vergleichbares Bildungslevel, wie die privaten Schulen zu erlangen. Hinzu kommt, dass einige Fächer obligat sind für einen Schulabschluss, der äquivalent zur Mittleren Reife bzw. dem Abitur ist. Da allerdings das staatliche Budget der Schulen dafür nicht ausreicht, müssen die Schulen die Kosten über Gebühren für diese Fächer decken. Das führt zu einer zweiten Ebene der Diskriminierung innerhalb des staatlichen Bildungssystems, neben der zwischen privaten und staatlichen Schulen. Kinder wie Ashish und seine Geschwister haben unter diesen Bedingungen keine Chance auf einen Schulabschluss und der Druck durch die Armut und den Hunger ist groß, weshalb die Zahl der arbeitenden Kinder in Nepal, trotz des offiziellen Verbots, so hoch ist. Kinder und Jugendliche sind natürlich ungelernte Arbeitskräfte und arbeiten deshalb meist auf den Feldern, auf Baustellen, als Tellerwäscher oder wie Ashishs Bruder Shiva als Fahrgeldeinsammler in einem Bus/Mini-Bus. Mädchen verlassen eben vor allem aus finanziellen Gründen früh ihre Familie, um zu heiraten und sie so zu entlasten. Für Jungs aus Nepal, die keinen Schulabschluss und keine weiterführende Bildung haben, ist heutzutage oft die einzige Zukunftsperspektive für sich und ihre Familie, einen Job im Ausland zu finden. Es haben sich viele sogenannte Manpower Companies entwickelt, die junge Nepalesen als kostengünstige Arbeitskräfte in die arabischen Länder wie VAE, Katar, den Oman oder Saudi-Arabien vermitteln, aber auch nach Indien oder Malaysia, wo es neben menschenverachtender Ausbeutung immer wieder auch zu gewalttätigen Übergriffen gegen sie kommt. Die Nepalesen sind ein hart arbeitendes und fleißiges Volk, Zehn- oder fünfzehnstundentage sind völlig normal. Das Problem ist vielmehr, dass die Gehälter für nicht ausgebildete Menschen viel zu niedrig sind, um davon eine Familie ernähren zu können. Es geht für uns bei unserer Arbeit neben der Ausbildung der Kinder entsprechend ihren individuellen Talenten und Fähigkeiten auch darum, zukunftsfähige Qualifikationen zu ermöglichen, damit sie die Möglichkeit erhalten, diese in ihrem Land zur Geltung zu bringen und nicht in einem der oben genannten Länder. Hierzu müssen individuelle und strukturelle Voraussetzungen gleichermaßen gegeben sein.
Koordiniert und kontrolliert wird dies einerseits natürlich durch Ashishs Betreuerin vor Ort, Divya Gurung und seinen Betreuer Anil Gurung im täglichen Kontakt mit den Kindern. Darin einbezogen ist ebenfalls die für den Distrikt Lamjung zuständige Mitarbeiterin in unserem Büro in Nepal, Manju Rana Magar. Insbesondere auch das Team unseres Kinderschutz- und Entwicklungsnetzwerks, bestehend aus Mitarbeitern in Deutschland und Nepal, sowie eine Task Force, die die Aufgabe hat sich beispielsweise gesundheitlicher oder schulischer Probleme anzunehmen. Im Rahmen der Entwicklungsprojekte ist unser Projekt-Management Team ebenfalls involviert. Durch diese intensive, individuelle Betreuung und Förderung bewirkt die Patenschaft also weit mehr, als nur die dringend notwendige materielle Unterstützung.
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