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 Hallo liebe Frau Halili, ich bin Sanjay aus Nepal

 

 

Hintergrundinformationen über Sanjay

Sanjays Familie gehört zur Volksgruppe der Gurung. Die Heimat der Gurung befindet sich südlich des Annapurna Himal. Sie sind ein Bergvolk, das traditionell in Höhen ab 1.500 Meter lebt. Das Wort “Gurung” entstand aus “Gu-Rewan”, was die Kombination zweier Laute ist – “Gu” und “Rewan”. “Gu” bedeutet nach tibetischer Sprache neun und “Rewan” bedeutet Berge und Hügel. Das Wort “Gu-Rewang” bedeutet daher, dass die Menschen in und um die Berge und Hügel leben. Etwa im 6. Jahrhundert wanderten Vorfahren dieser Volksgruppe aus der Region der heutigen Mongolei nach Zentral- und Südasien ein. Sie praktizierten die Bön-Religion, eine Art vorbuddhistische Naturreligion. Später konvertierten viele Gurung zum tibetischen Buddhismus, dem sie zusammen mit ihrer eigenen Naturreligion bis heute folgen. Aber auch der Einfluss des Hinduismus ist nicht an den Gurung vorübergezogen. In Nepal, besonders in den Städten, praktizieren viele Gurung beide großen Religionen nebeneinander. Die Gurung sind bekannt dafür sehr fleißig zu sein und schnell zu lernen, was ihnen dabei hilft die Herausforderungen des modernen Lebens zu meistern. Gurungs gibt es auch außerhalb Nepals, wo sie vor allem in Indien und Großbritannien als Gurkha-Soldaten eine berühmte Rolle gespielt haben und noch immer spielen, etwas wovon viele junge Gurung-Männer träumen. Heute kennt die Gurung kaum noch jemand und ihre Geschichte ist der Welt fast völlig verborgen.

Sanjay lebt mit seinen Eltern, seiner Schwester und ihrem Großvater in einem kleinen Häuschen in den Bergen am nördlichen Ende des Distrikts Lamjung, am Fuße des Himalayas und etwa 30 Kilometer Luftlinie südwestlich des Manaslu. Die Familie war schon immer sehr arm, da sie keine konstante Einkommensquelle haben und wodurch sie Betroffene der Armutsfalle sind, also des Kreislaufs aus Armut, Bildungslosigkeit und Krankheit. Sie besitzen nur ein kleines Feld, welches sie bewirtschaften und das ihnen hilft sie zu ernähren. Aber es reicht bei Weitem nicht aus, um alle Familienmitglieder zu ernähren. Sanjays Eltern arbeiten deshalb auf ihrem kleinen Feld und auf den Feldern anderer Menschen in der Region. Hierdurch können sie ein kleines Einkommen von durchschnittlich etwa 4.000 bis 5.000 Rupien (ca. 30 – 35 Euro) pro Monat erwirtschaften, um Kosten zu decken, beispielsweise für Nahrungsmittel oder einen Teil der Schulkosten. Seine Eltern stammen selbst aus sehr armen Familien, sodass auch auf dieser Seite keine Ressourcen vorhanden sind. Damit die Familie genug zum Leben hat, sind auch Sanjay und seine Schwester Sanjana gezwungen gelegentlich arbeiten zu gehen, wenn sich die Möglichkeit bietet. Meist handelt es sich dabei um Feldarbeit, Feuerholz sammeln, um es dann anschließend zu verkaufen. Aber sie verrichten auch andere alltägliche Arbeiten, wie beispielsweise Wasser zum Haus tragen. Die beiden Kinder versuchen schon in ihrem Alter ihre Eltern zu unterstützen, wo sie können. 

An manchen Tagen ist das Essen nicht ausreichend, damit alle satt werden, insbesondere außerhalb der Saat- und Erntezeiten ist das gar nicht selten. Dann versorgt sie ihr eigenes Feld nicht ausreichend und bezahlte Feldarbeit gibt es dann auch praktisch nicht, sodass sie in diesen Zeiten auch keine finanziellen Mittel haben, um wichtige Dinge zu kaufen. Vor Beginn der Unterstützung im Rahmen der Patenschaft war die Situation so, dass wenn die beiden Kinder großen Hunger hatten und es nicht genug zu essen gab, zu anderer Menschen Häuser liefen und sich dort aufhielten, um etwas zu essen zu bekommen. Häufig gingen sie aus diesen Gründen auch nicht in die Schule. Der Hunger ist stärker und das Gefühl nicht so lernen zu können, wie andere Kinder, weil sie keine Hefte und Stifte haben, ist natürlich auch etwas, wofür sie sich schämen. Hinzu kommt, dass ihr Großvater Krishna, der schon sehr alt ist, an einer schweren Nierenerkrankung leidet, die eine dauerhafte medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlung notwendig macht. Das belastet vor allem die finanzielle Situation zusätzlich, zumal es in den Bergregionen Nepals keine Krankenhäuser gibt. Aber auch emotional ist es natürlich schwer für die Kinder zusehen zu müssen, wie er leidet. Die medizinische Versorgung wird durch kleine Gesundheitsposten, sogenannte Health Posts aufrechterhalten. Diese liegen in weiter Entfernung zueinander und sind für viele Menschen nur durch lange Fußmärsche zu erreichen. Hinzu kommt auch, dass die Gesundheitsversorgung nicht digitalisiert und nicht kostenfrei ist und nur wenige Erkrankungen durch den Staat zu einem kleinen Teil subventioniert werden können. Mit Beginn der Corona-Pandemie herrschte in Nepal zwischen März 2020 und August 2021 ein fast durchgängiger Lockdown, der die Armut vieler Menschen, insbesondere der etwa 25% der Bevölkerung, die in multidimensionaler Armut leben, deutlich verschlimmert hat. Sehr viele Menschen haben ihre Arbeit oder Einkommensquelle verloren, sind in der Folge sind obdachlos geworden und mussten ihr Hab und Gut verkaufen, wenn sie welches hatten. Wer eine selbständige Einkommensquelle besaß, hat diese dadurch in vielen Fällen verloren. In manchen Regionen, die besonders stark involviert sind, gab es zwischen März 2020 und August 2021 keinen Schulunterricht. Sanjay ist zwar noch in der Grundschule und braucht deshalb noch nicht so viele Dinge für die Schule. Wenn es aber in den Wintermonaten in den Himalaya-Regionen kalt ist und er keine warme Kleidung hat, friert er in der Schule, da Schulen in Nepal keine Heizung haben. Er ist dann häufiger krank, was ein zusätzliches finanzielles Problem darstellt. Die Corona-Pandemie hat die Möglichkeiten weiter reduziert, vermutlich längerfristig, da das gesamte Land dadurch in seiner wirtschaftlichen, gesundheitspolitischen und sozialen Entwicklung Schätzungen der Weltbank zufolge, um mindestens zehn Jahre zurückgeworfen wurde. Mit besonders harten Konsequenzen für die ärmsten und marginalisierten Volksgruppen in der Gesellschaft, die wie Sanjays und Sanjanas Eltern als Tagelöhner unmittelbar und erbarmungslos von den finanziellen und gesundheitlichen Folgen betroffen sind. Der Anteil der Kinder, die die Schule sehr früh verlassen und arbeiten müssen, hat in den vergangenen zwei Jahren bereits signifikant zugenommen. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit inzwischen wieder sehr hoch, dass auch, Kinderheirat oder gar Kinderhandel, ähnlich wie nach den verheerenden Erdbeben 2015 wieder zunehmen werden. 

Für Sanjays regelmäßigen Schulbesuch fehlte vor Beginn der Patenschaft das Geld, beispielsweise für Dinge wie warme Schuhe, eine Jacke oder einen Schulrucksack. Eine Schulgebühr ist im Augenblick nur zu Beginn des Schuljahres erforderlich. Je älter die Kinder werden, umso höher werden aber natürlich die Kosten im Zusammenhang mit der Schule, da zusätzliche Fächer hinzukommen und sie mehr Bücher, Hefte und andere Schulmaterialien brauchen. Auch wenn die Regierung die Vorgabe macht, dass staatliche Schulen kostenlos sein sollen, versuchen viele Schulen zusätzliche Unterrichtsfächer anzubieten, um ein annähernd vergleichbares Bildungslevel, wie die privaten Schulen zu erlangen. Da allerdings das staatliche Budget der Schulen dafür nicht ausreicht, müssen die Schulen diese Kosten über Gebühren für diese Fächer decken. Das führt zu einer zweiten Ebene der Diskriminierung innerhalb des staatlichen Bildungssystems, neben der zwischen privaten und staatlichen Schulen. Kinder wie Sanjana und Sanjay haben unter diesen Bedingungen im Prinzip kaum eine Chance auf einen Schulabschluss und der Druck durch die Armut und den Hunger ist groß, weshalb die Zahl der arbeitenden Kinder in Nepal, trotz des offiziellen Verbots, so hoch ist. Kinder und Jugendliche sind natürlich ungelernte Arbeitskräfte und arbeiten deshalb meist auf den Feldern, Jungs vor allem auf Baustellen, als Geldeinsammler in Bussen oder als Tellerwäscher. Mädchen, die keinen Schulabschluss und keine weiterführende Bildung haben, ist heutzutage oft die einzige Perspektive früh zu heiraten, um auf diese Weise die Familie zu entlasten und die eigene Zukunft zu sichern. Ein selbstbestimmtes Leben ist auf diese Weise für die wenigsten Mädchen und Frauen möglich. Noch immer werden Mädchen unter falschen Versprechungen von zuhause weggelockt und beispielsweise als Arbeitskräfte verkauft, meist nach Indien, da dies aufgrund der langen gemeinsamen Grenze und der sehr moderaten Visabestimmungen für die Vermittler weniger gefährlich ist. Die Nepalesen sind ein hart arbeitendes und fleißiges Volk, Zehn- oder fünfzehnstundentage sind völlig normal. Das Problem ist vielmehr, dass die Gehälter für nicht ausgebildete Menschen viel zu niedrig sind, um davon eine Familie ernähren zu können. Für Mädchen ist es leider noch Realität, dass viele weit vor ihrem achtzehnten Lebensjahr verheiratet werden, wobei auch die Jungs dann in der Regel zwar etwas älter, aber oft ebenfalls noch minderjährig sind. Hierbei ist sehr häufig der wirtschaftliche Druck der entscheidende Antrieb dahinter und weniger eine religiöse oder kulturelle Motivation. Es geht für uns bei unserer Arbeit neben der Ausbildung der Kinder entsprechend ihren individuellen Talenten und Fähigkeiten auch darum, zukunftsfähige Qualifikationen zu ermöglichen, damit sie die Möglichkeit erhalten, diese in ihrem Land zur Geltung zu bringen und nicht in einem der oben genannten Länder. Hierzu müssen individuelle und strukturelle Voraussetzungen gleichermaßen gegeben sein oder geschaffen werden.

Liebe Frau Halili, Ihre Patenschaft wird das Leben von Sanjay spürbar verändern. Er wird zukünftig regelmäßig die Schule besuchen können und ausreichend zu essen haben. Darüber hinaus erhält er eine Krankenversicherung, die Untersuchungen und Behandlungen (inkl. Medikamente) auch für seine Eltern und den Großvater abdeckt, sowie eine intensive und vor allem eine individuelle Betreuung innerhalb seines eigenen familiären Umfeldes. Die Betreuung der Kinder und Familien hat eine sehr große Bedeutung. Es genügt unserer Auffassung nach nicht allein die materiellen Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung oder für den Schulbesuch zu schaffen. Wenn mit Hilfe einer Patenschaft die Entwicklung wirksam und wirklich nachhaltig gefördert werden soll, sollte die Patenschaft in ein gesamtheitliches Konzept eingebettet sein. Unser Kinderschutz- und Entwicklungsnetzwerk, in dem das Kind im Zentrum steht, bezieht das direkte und erweiterte Umfeld in den Entwicklungsprozess mit ein. Dabei geht es um den Schutz der Kinder vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung einerseits. Ebenso um die Schaffung sozialer und ökonomischer Entwicklungschancen für das Kind und dessen direktes Umfeld. Dadurch werden auch Abhängigkeiten wie durch eine Patenschaft auf ein Minimum reduziert. Darin einbezogen sein sollte aber auch das erweiterte Umfeld, also die Community, in der das Kind lebt, beispielsweise die Dorfgemeinschaft.

Hinsichtlich des Kinderschutzes geht es vor allem um Aufklärung, Prävention und Aufsicht, den Schutz vor körperlicher und emotionaler Misshandlung, um eine gewaltlose Erziehung zuhause und in den Schulen, den Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung ohne Diskriminierung aufgrund von Armut oder der ethnischen Zugehörigkeit, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Schulung und Fortbildung aller unserer Mitarbeiter vor Ort in Nepal aber auch in Deutschland ist eine grundlegende Voraussetzung. Ebenso die Aufklärung der Menschen im Umfeld der Kinder. In erster Linie der Eltern, aber auch der Lehrer, Dorfbewohner und Regierungsvertreter. Notwendig sind auch festgelegte Strategien zur Überwachung, Mitteilung, Evaluation und Intervention, in Anpassung an den kulturellen Rahmen und die individuellen Gegebenheiten vor Ort.

Dieses multimodale Konzept ist nicht nur von grundlegender Bedeutung für alle Aspekte der Entwicklung der Kinder. Es schafft darüber hinaus die notwendigen Rahmenbedingungen, damit eine Patenschaft zum Erfolg werden kann. Zudem ist es Teil unserer Gesamtstrategie der Entwicklungsförderung. In Lamjung, wo Sanjay zuhause ist, leben sehr viele Menschen in großer Armut. Die Möglichkeiten der ökologischen Landwirtschaft beispielsweise eignen sich hier besonders gut, um die Wirtschaftskraft und die Unabhängigkeit der Menschen von Entwicklungsförderung zu stärken. Wir möchten auch Ihnen als Pateneltern in dieser Region zukünftig stärker die Möglichkeit geben sich hierbei aktiv zu beteiligen, wenn Sie dies möchten.

Koordiniert und kontrolliert wird dies einerseits natürlich durch Sanjays Betreuerin vor Ort, Divya Gurung und seinen Betreuer Anil Gurung im täglichen Kontakt mit den Kindern. Um zu Sanjay und Sanjana zu gelangen, benötigen ihre Betreuer einen vollständigen Tag in eine Richtung. Sie müssen einen Jeep mieten und sind mehrere Stunden auf streckenweise lebensgefährlichen Pfaden unterwegs. Da der Jeep aufgrund der schlechten Verhältnisse nicht die gesamte Strecke befahren kann, legen sie den zweiten Teil der Strecke bergauf zu Fuß zurück. Angekommen, müssen sie dort eine Übernachtungsmöglichkeit finden, denn die Zeit reicht nicht aus, um am selben Tag zurückzukehren. An den Tagen, an denen sie die Kinder nicht persönlich besuchen können, stehen sie in telefonischem Kontakt. Darin einbezogen ist ebenfalls die für den Distrikt Lamjung zuständige Mitarbeiterin in unserem Büro in Nepal, Manju Rana Magar. Insbesondere auch das Team unseres Kinderschutz- und Entwicklungsnetzwerks, bestehend aus Mitarbeitern in Deutschland und Nepal, sowie verschiedene Arbeitsgruppen, die die Aufgabe haben sich gesundheitlicher, emotionaler oder schulischer Probleme anzunehmen und die Entwicklung der Kinder in diesen Bereichen zu verfolgen und problemlösend zu unterstützen. Im Rahmen der Entwicklungsprojekte auf familiärer oder regionaler Ebene ist unser Projekt-Management Team ebenfalls involviert. Durch diese intensive, individuelle Betreuung und Förderung bewirkt die Patenschaft weit mehr als ausschließlich die dringend notwendige materielle Unterstützung

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